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Wie Bargeld in Zukunft genutzt wird

KW11

Drei Zukunftsszenarien für das Bargeld

Im vergangenen Jahr hat die Deutsche Bundesbank die Initiative „Nationales Bargeldforum“ ins Leben gerufen. Finden wollen die Beteiligten in diesem Rahmen Antworten auf eine Frage, die verschiedenen Bargeldakteuren schon lange unter den Nägeln brennt: Wie kann der einfache Zugang zu Bargeld für jedermann aufrechterhalten bleiben? Dafür nötig ist eine Vorstellung, wie die Zukunft des Bargelds aussehen könnte. Drei Szenarien geben Einblicke. 

Aktuelle Bargeldstudie – mit großem Zukunftsziel

Studien zur Nutzung, Verbreitung und Akzeptanz von Bargeld lassen sich regelmäßig finden. Der Tenor: Alternative Zahlungsmittel nehmen an Beliebtheit zu. Doch das Bargeld lässt sich noch nicht so einfach abschütteln. Einen neuen Ansatz verfolgt jetzt die Deutsche Bundesbank. In ihrer Studie, die vom Dienstleistungsunternehmen VDI/VDE Innovation + Technik und dem Meinungsforschungsinstitut Sinus von Februar 2022 bis November letzten Jahres durchgeführt wurde, kommen Wissenschaftler, verschiedene Bargeldakteure und Sozialverbände zu Wort. Auch ALVARA war Teil der Studie. Robert Wolf, Geschäftsführer bei ALVARA | Digital Solutions, hat als Interviewpartner in der Bargeldakteursanalyse wertvolle Einblicke gegeben – ab Seite 77 zu lesen. Zudem basiert die Studie auf einer Literaturrecherche und einer repräsentativen Online-Umfrage. 

Die zentrale Frage: Wie wird Bargeld in Zukunft genutzt? Damit rollt die Bundesbank das Thema regelrecht von hinten auf. Sie möchte eine Idee davon bekommen, wie Bargeld künftig in unsere Gesellschaft und Wirtschaft integriert sein könnte, um daraus Handlungsempfehlungen ableiten zu können. Denn Bargeld nimmt aus unterschiedlichen Perspektiven wichtige Rollen ein, die auch künftig aufrechterhalten werden sollten.

Bezahlwelt 2037

Aus diesem Grund wertet die Studie aktuelle Tendenzen aus und lässt einen Ausblick auf drei Bezahlwelten zu. Was alle drei Szenarien gemeinsam haben: In keiner Zukunftsgeschichte verschwindet das Bargeld vollständig und in zwei ist es sogar fast gleichbedeutend oder bessergestellt als alternative Zahlungsmittel. Ein gutes Omen, um Wege zu finden, Attraktivität, Akzeptanz und Verfügbarkeit beizubehalten. 

Szenario 1: „Hyperdigitale Bezahlwelt“

Modernisierung, Digitalisierung, Innovation – dieses Dreigespann, das in den 2020er-Jahren Konjunktur erlebte, hat die hyperdigitale Bezahlwelt eingeleitet. Bargeld spielt größtenteils eine Nebenrolle. Bei Zahlungen an der Ladenkasse oder zwischen zwei Privatpersonen findet man Münzen und Scheine kaum mehr. In den ehemaligen Bargeldbastionen lässt sich ebenso vergebens suchen. Wochenmärkte, Flohmärkte, Gastronomie kommen ganz ohne Bares aus und setzen auf mobile Zahlungsterminals. 

Eine Entwicklung, die für Personen über 80 Jahren eher nachteilig gesehen wird. Datenschutz und eine komplizierte Handhabung unbarer Bezahlmittel stehen im Mittelpunkt ihres Ärgernisses. Raum in der politischen Diskussion finden diese Zweifel jedoch nicht. 

Der Online-Handel boomt. Auch Waren, die bislang noch vermehrt lokal gekauft wurden, shoppen Konsumenten teilweise kostengünstiger online, beispielsweise Lebensmittel. Der stationäre Handel weist eine zunehmende Technologiereife auf. Pick-&-Go-Systeme, bei denen während des Einkaufs die Waren erfasst und am Ende schnell per App bezahlt werden, oder Self-Checkout-Systeme mit größerem Funktionsumfang sorgen für bequeme Einkäufe. Personalarme oder personalfreie Märkte sind neuer Standard, denn Kassen mit Angestellten sind kaum mehr nötig. Ein Unterschied bei Geschäften im ländlichen Raum existiert nicht. Auch hier verbreiten sich personalfreie Kleinstmärkte. 

Staat und Unternehmen setzen angesichts der zunehmenden Digitalisierung auf Schutzmaßnahmen. Cyber-Angriffe, die die Gesellschaft verwunden, müssen eingedämmt werden. Gerade Anbieter unbarer Zahlungslösungen befinden sich im Visier von Angreifern. 

Szenario 2: „Bezahlwelt in der Bargeld-Renaissance“

Wie die Begriffsverwendung der Renaissance bereits vermuten lässt, erlebt das Bargeld in diesem Zukunftsszenario ein Wiedererwachen. Das sich bereits in den frühen 2020er-Jahren abzeichnete. Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Klimawandel und auch der Künstliche-Intelligenz-Boom sind nicht spurlos an der deutschen Gesellschaft vorbeigegangen. Menschen sehnten sich nach Unabhängigkeit (von anderen Ländern), Solidarität (für die eigene Wirtschaft, insbesondere lokale Ladengeschäfte) und ein Recht auf analoges Leben (aufgrund der vermuteten KI-Gefahren).

Das Vertrauen für unbare Zahlmittel schwand in diesem Zusammenhang. Bargeld hingegen wurde mit Souveränität, Unabhängigkeit und Abgrenzung zum damaligen Mainstream verbunden und avancierte so zum Lifestyle-Gut. Nach und nach strahlten die Vorteile auf viele Milieus aus. Dazu tragen bis in die 2030er-Jahre auch die Abschaffung von 1- und 2-Cent-Münzen oder die Einführung von Rundungsregeln bei. 

Der Trend, bei lokalen Händlern einzukaufen, hält an. Da diese in der Vergangenheit bereits Barzahlungen anboten und kein Umstieg auf unbare Mittel erfolgte, ist der Bezahlvorgang mit Münzen und Scheinen zur Selbstverständlichkeit geworden. Einige große Handelsketten mit digital affiner Kundschaft hatten bis zu Beginn der 2030er-Jahre jedoch schon Barzahlung eingestellt. Durch die EU-Verordnung und die Empfehlungen der Bundesregierung, Barzahlungen anzunehmen, schwenkten sie zurück. So bieten nun wieder alle Supermarktketten bediente Kassen und Self-Checkout-Systeme an, wobei mindestens eine personallose Kasse auch ein Barzahlungsmodul besitzt. 

Sparkassen und Banken schlossen zwar weiterhin und Geldautomaten wurden rückgebaut, doch in langsamerem Tempo. Somit ist der Zugang zu Bargeld auch 2037 weiterhin gegeben.   

Szenario 3: „Verschwindende hybride Bezahlwelt“

Traditionelle Milieus, die bürgerliche Mitte oder konservativ-etablierte Milieus – die Gesellschaft unterteilte sich in den 2020er-Jahren stärker. Eine Entwicklung, die sich laut der Studie auch ins nächste Jahrzehnt überträgt. Dabei nimmt die Milieuzugehörigkeit Einfluss auf die favorisierte Bezahlmethode. Misstrauen gegenüber digitalen Anbietern und dem Staat, wirtschaftliche Einschränkungen und Benachteiligungen oder das Schätzen einer schnellen Übersicht über die eigenen Ausgaben lenken die Menschen weiterhin in die Arme des Bargeldes. 

Das Alter spielt entgegen einstigen Studien jedoch keine Rolle mehr. Denn die Kenntnis über die Digitalisierung ist in allen Altersgruppen gegeben. Viel eher entscheidet nun die Einstellung zur digitalen Welt über die Vorlieben. Informierte und skeptische Verbraucher bevorzugen weiterhin Bares. Hingegen greifen bequeme, risikobereite Käufer lieber zu unbaren Zahlungsoptionen. 

Für Trinkgeld, Geschenke und kleinere Beträge nutzen Bürger Münzen und Scheine nach wie vor. Milieuübergreifend schätzen sie Bargeld als Wertaufbewahrung. Alleinige Inklusionsfähigkeit kann ihm jedoch nicht mehr zugeschrieben werden. Unbare Zahlungsmittel haben aufgerüstet und bieten durch verbesserte Spracheingaben- und Ausgabetechnologien auch Menschen mit motorischen Einschränkungen oder Sehbeeinträchtigten eine gute Alternative. Für die Erziehung greifen Eltern vermehrt auf Apps zurück, die unter Kontrolle das Geldausgeben der Zöglinge ermöglichen. 

Die verschiedenen Bezahlvorlieben zeichnen sich auch im stationären Handel ab. Die Ausstattungen in den Kassensystemen passen sich den Kundenbedürfnissen an. So existieren Ladengeschäfte mit bedienten Kassen, personalfreie Märkte oder Geschäfte, die auf eine Kombination aus bedienter Kasse und Self-Checkout-Systemen setzen. Händler, die über die Bargeldpräferenz ihrer Kundschaft Bescheid wissen, bieten künftig mindestens eine Self-Checkout-Kasse mit Barzahlungsfunktion an. 

Die Akzeptanz für Bares im Handel sinkt jedoch – aus simplem Grund. Die Kosten für Bargeldversorgung und Bargeldentsorgung sind belastend. Privatbanken, Genossenschaftsbanken und Sparkassen schließen Filialen, das Geldautomatennetz wird weiter zurückgebaut, was sich in Summe auf den Bargeldkreislauf auswirkt. 

Fazit

Sicherlich hat jeder von uns seine ganz eigene Tendenz, in welche Richtung sich Bargeld entwickeln wird. Da 2030 gar nicht mehr allzu weit in der Ferne liegt, wird sich bald zeigen, welche Bezahlwelt das Rennen machen wird. Doch bis dahin sollten Finanzinstitute, Retailer und Wertdienstleister bereits aktiv werden. Schon heute begegnen ihnen Herausforderungen, die die Bargeldlogistik ineffizient, intransparent und teuer gestalten. Deshalb lautet unsere Devise: Gesetz eines jeden oben beschriebenen Falles – und darüber hinaus – sollten sich Bargeldakteure vorbereiten. Mit digitalen Lösungen, die die Bargeldsteuerung erleichtern und gleichzeitig Modernität und Effizienz Platz einräumen, ist der Zukunftsweg geebnet.

Sie wollen jetzt die Weichen stellen, für eine moderne Zukunft mit Bargeld? Wir können unterstützen!